Hallo liebes Forum,
ich bin eigentlich eine Nymphiehalterin und habe in einem entsprechenden Forum auch schon meine Geschichte erzählt. Dort wurde ich dann gebeten, meine Erfahrungen auch hier zu teilen, da Welli-Halter genauso betroffen sein können.
Leider habe ich in der vergangenen Woche sehr schlimme Erfahrungen mit dem Medikament Chevi Col machen müssen, das zur Behandlung von Trichonomaden bei Brieftauben entwickelt wurde, was aber auch sehr gerne bei Nymphen und Wellis (und Finken etc.) eingesetzt wird.
Ich bin mit meinen Vögeln, das möchte ich vorweg betonen, nicht bei einem Wald-und-Wiesen-TA sondern bei einer namenhaften vk Praxis.
Im Kot meiner einen Henne wurden Trichos gefunden, weshalb ich das Chevi Col mit folgenden Anweisungen erhalten habe:
1 Sachet (in dem Beutelchen sind *** Pulver) auf 2 Liter Wasser, gut vermischen. Dieses Medikamenten-Wasser dann als alleiniges Trinkwasser über 6 Tage anbieten, keine Frischkost in dieser Zeit, damit die Vögel ausreichend trinken.
Ich habe mich - ohne das zu hinterfragen - exakt an die Anweisungen gehalten. Mir wurde gesagt, es könne zu Nebenwirkungen kommen, die das ZNS betreffen - leichtes Zucken o. ä. -, aber das sei sehr, sehr unwahrscheinlich, denn das Medikament sei bestens verträglich.
Am ersten Tag nach der Behandlung (also nachdem sie 6 Tage lang das Chevi Col Wasser erhalten hatten), kam ich zu einem völlig desorientierten, auf dem Voliboden sitzenden Hahn nach Hause. Es war schon spät und die wenigen Tierkliniken, die ich erreichen konnte, konnten mir nicht helfen. Im Laufe der Nacht verschlimmerte sich alles massiv - der Vogel erbrach sich und hatte massiv Durchfall, er hatte Krampfanfälle und war völlig desorientiert. Die Henne entwickelte mit 3 Stunden Verzögerung dieselbe Symptomatik, wobei es ihr sogar noch schlechter ging. Sie konnte nicht mehr sitzen oder das Köpfchen halten. Ich habe Nekton B gegeben, da das das einzige war, was mir zu solchen Problemen mit dem ZNS einfiel und mich mit den Sittichen auf der Brust hingelegt und sie mit einem Handtuch ein wenig fixiert, damit die Krämpfe sie nicht mehr so sehr durchschütteln. Die ganze Nacht dachte ich, jeden Moment sterben die beiden. Das war die schlimmste Nacht meines Lebens. Gegen Morgen fing dann auch mein 2. Pärchen an, erste Symptome zu zeigen. Ich habe in der Nacht bereits bei einer anderen vk TÄ hier angerufen und geschildert, was bei uns los ist und bin direkt zu 9 Uhr hin.
Das erste Pärchen kam direkt ins Sauerstoffzelt und hat Krampflöser bekommen. Die beiden, die ihre Symptome erst am Morgen entwickelt haben, haben erst einmal nur Infusionen erhalten. Alle sind stationär aufgenommen worden. Leider hat meine Henne es nicht geschafft und ist an Organversagen gestorben. Der dazugehörige Hahn schwebte 48 Stunden lang in Lebensgefahr und ist auch jetzt - nach inzwischen 7 Tagen - noch sehr angeschlagen. Er ist motorisch eingeschränkt und hat Schwierigkeiten zu klettern oder komplexere Bewegungsabläufe (z. B. Flügel und Beinchen strecken oder am Kopf kratzen) auszuführen. Außerdem war er durch den Durchfall, das Erbrechen und die Futterveweigerung auf 78gr runter (Normalgewicht ist 94 - 96) Es wird langsam besser, aber ob er sich vollständig erholt oder Schäden zurückbleiben, kann man noch nicht sagen. Dem anderen Paar geht es offenbar wieder gut.
Ich habe dann natürlich recherchiert und bin online auf viele ähnliche Erfahrungen mit den Nebenwirkungen von Chevi Col gestoßen. Die Dosierung, die man mir genannt hat, ist übrigens die, die auf dem Beipackzettel für Brieftauben genannt wird. Eine Brieftaube wiegt nun aber deutlich mehr, als ein Nymph. Die behandelnde Praxis sagte mir dazu, dass man da trotzdem keine geringere Dosierung geben müsse, weil kleine Ziervögel sehr wenig trinken würden und daher sei das Risiko einer Überdosierung so gering. Nun - uns ist es passiert und ich habe einen Vogel verloren und einen weiteren Vogel, der eventuell nachhaltig geschädigt ist. Wenn ich mir die Erfahrungsberichte anderer Halter, mit ähnlichen Geschichten anschaue, dann war auch dort die Dosierung stets sehr hoch angesetzt.
Von erfolgreichen Behandlungen liest man hingegen auch bei sehr viel geringerer Dosierung (z. B. las ich von einem Welli-/Nymphischwarm, wo ein Sachet auf 6 Liter Wasser verabreicht wurde. Das ist 1/3 meiner Dosierung). Das Risiko von lebensgefährlichen Überdosierungen steigt bei Vögeln mit (unerkannten) Vorerkrankungen, Nieren- oder Leberproblematiken um das zig-fache.
Ich möchte deshalb jedem, der seinen Schwarm mit Chevi Col behandeln soll, ans Herz legen nochmal gründlich mit dem vk TA über die Dosierung zu sprechen. Es gibt gute Aussichten, dass die Behandlung auch bei geringerer Dosierung Erfolg hat, während eine hohe Dosierung immer das Risiko mit sich bringt, dass Vögel, die eventuell bereits angeschlagen sind oder unerkannte Vorerkrankungen haben, durch die Medigabe sterben.
Ich hoffe es muss nicht noch mehr Haltern so gehen, wie es uns ergangen ist. Diesen Horror wünsche ich wirklich keinem. Daher war es mir ein Anliegen - auch wenn ich für meine kleine Maus nun nichts mehr tun kann - diese Warnung wenigstens zu verbreiten, damit vielleicht andere kleine Vogelleben gerettet werden können.