31.03.2008
Tatort Bodensee: Eisiger Kormoran-Tod im Vogelschutzgebiet
NABU protestiert scharf und startet E-Mail-Aktion auf www.NABU-BW.de
Radolfzell Mit scharfem Protest reagiert der Naturschutzbund NABU auf
die Pläne des Regierungspräsidiums Freiburg (RP), die einzige Kormorankolonie am deutschen Bodensee auszulöschen. Die gesamte
Brut dieser geschützten Vogelart vernichten zu wollen und das mitten im Naturschutzgebiet und mitten im Vogelschutzgebiet, macht mich fassungslos. Das widerspricht jedem gesunden Menschenverstand, jeder Moral und definitiv auch dem geltenden Recht , sagte der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann auf einer Pressekonferenz am heutigen Montag in Radolfzell. Der NABU läuft gemeinsam mit Naturfreunden aus ganz Deutschland Sturm gegen dieses Vorhaben. Ich rufe alle Menschen auf, sich an unserem Protest zu beteiligen und unter
www.NABU-BW.de eine Protest-E-Mail an Regierungspräsident Würtenberger zu schreiben.
Auf Druck von Hobbyanglern und der wenigen Berufsfischer am Bodensee plant das RP, die brütenden Kormorane in einer frostigen Aprilnacht mit Scheinwerfern von ihren Nestern zu vertreiben. Die Eier sowie eventuell bereits geschlüpfte Jungvögel sind dann dem Kältetod schutzlos ausgeliefert. Erfahrungen aus Brandenburg zeigen, dass diese massive Störaktion den gesamten Nachwuchs vernichten wird. Zusätzlich sollen Kormorane künftig ab 1. August geschossen werden, wenn unselbstständige Jungvögel zum Überleben noch auf ihre Eltern angewiesen sind. Derzeit brüten rund 90 Kormoranpaare in der einzigen
Brutkolonie am deutschen Bodensee im Naturschutzgebie Aachried bei Radolfzell.
Der verbissene
Kampf der Angler und
Fischer gegen den Kormoran rührt von Schäden, die der Kormoran angeblich im
Fischbestand anrichte. Richtig ist: Der Kormoran frisst
Fische wie es auch die bunt schillernden Eisvögel, die Bären in Alaska und die Menschen auf der ganzen Welt tun. Nicht belegt ist dagegen, dass der Kormoran
Fischbestände gefährdet, seltene
Fischarten an den Rand des Aussterbens und
Fischer um ihre Existenzgrundlage bringt, erklärt Dr. Manfred Lieser, der Vorsitzende des NABU Radolfzell-Singen-Stockach. Trotzdem plant das RP diese Bekämpfungsmaßnahme und nimmt dabei in Kauf, auch andere geschützte Vögel massiv zu stören und zwar im EU-Vogelschutzgebiet! Das RP stellt damit
Sinn und Zweck der Schutzgebiete in Frage. Das ist kein Kormoran-Management, das ist Kormoran-Vernichtung.
Der NABU kritisiert, dass sich das Land mit dem Aktionsplan Biologische Vielfalt und der Unterzeichnung der Countdown 2010-Vereinbarung den Schutz der lebendigen Vielfalt zwar auf die Fahnen schreibe, gleichzeitig aber am Bodensee eben diese Vielfalt mit Scheinwerfer und Flinte vernichtet werden soll. Hier muss Naturschutzminister Peter Hauk eingreifen und diesem wilden Treiben ein Ende bereiten. Es ist Zeit für Taten und Zeit für ein Machtwort aus Stuttgart , sagt Baumann. Der Erfolg der Bodensee-Region als Ziel für Touristen rühre vor allem daher, dass die lebendige Vielfalt hier hautnah zu erleben sei. Wer die Natur am Bodensee mit
Füßen tritt, trete auch die Zukunft des Tourismus mit
Füßen.
Der NABU wird alle legalen Mittel nutzen, um die Kormoranvernichtung zu stoppen. So haben die Naturschützer bereits in den vergangenen Tagen eine offizielle Stellungnahme zum Vorhaben des RP eingereicht, sich mit einem Brief an Naturschutzminister Peter Hauk und an den Freiburger
Regierungspräsidenten Julian Würtenberger gewandt sowie eine Petition an den Landtag gerichtet. Um zu zeigen, dass der Protest auf breiter Basis
steht, hat der NABU zudem am heutigen Montag eine E-Mail-Protestaktion gestartet. Unter
www.NABU-BW.de sind alle Naturfreunde aufgerufen, eine E-Mail an Regierungspräsident Würtenberger zu schreiben und ihn aufzufordern, die Kormoranvernichtung am Bodensee zu stoppen.
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Der Kormoran Kurzportrait
Kormorane haben ein schwarz glänzendes
Federkleid mit weißem Kinn. Sie werden rund 90 Zentimeter groß. Charakteristisch ist die Hakenspitze am
Schnabel, mit der sie
Fische besser ergreifen können. Sie sind in der
Lage bei entsprechend guter Sicht bis zu 25 Meter tief zu tauchen und dabei
Fische mit dem
Schnabel zu fangen. Im Gegensatz zum
Gefieder der meisten
Wasservögel ist das der Kormorane nicht wasserabweisend. Daher sitzen sie oft zum Trocknen aufgerichtet mit halb ausgespannten Flügeln am Ufer, auf Bäumen oder Felsen.
Kormorane ernähren sich überwiegend von
Fisch. Der tägliche Nahrungsbedarf liegt bei 350 bis 500 Gramm. Kormorane sind Zugvögel und brüten einmal im Jahr in Kolonien. Ein Gelege besteht aus drei bis vier länglich ovalen Eiern von weißer bis hellblauer Farbe. Diese werden 23 bis 30 Tage lang von
Männchen und
Weibchen bebrütet. Die Jungvögel sind zunächst nackt und auf den Witterungsschutz durch die Alttiere angewiesen. Erst nach zwei Monaten sind die Jungen flugfähig. Insgesamt sind die Vögel von April bis August mit
Brut und Jungenaufzucht beschäftigt. Kormorane können bis zu 20 Jahre alt werden.
Der Kormoran ist nach EU- und Bundesrecht geschützt und unterliegt nicht dem Jagdrecht.
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Rückfragen an: Dr. Andre Baumann, mobil: 01520 984 70 11