Thema: Welli aus Einzelhaltung resozialisieren

Wellensittiche aus reiner Handaufzucht sind sehr unüblich, da es einfach mega schwierig ist einen Welli ab Tag 1 zu füttern. Ich musste das dieses Monat selbst bei zwei Küken machen, bis die Henne endlich selbst fütterte. Das ist wirklich nicht einfach und bei Wellensittichen auch deutlich seltener als bei Nymphen und v.a. Papageien.
Vorstellen könnte ich mir, dass er einfach nach einigen Wochen alleine gehalten wurde für die Dauer von X Jahren, das "genügt" leider vollkommen dass es zu einer Fehlprägung kommt.

Ich habe - leider - schon recht viele Wellensittichen auch nach 8+ Jahren der Einzelhaltung sozialisiert und ich würde behaupten wir Menschen machen uns da mehr einen Kopf als die Vögel selbst. Nicht zu viel verlangen und die Vögel machen lassen. Vielleicht wird er eine Zeit einzeln setzen oder davon fliegen wenn ein Vogel kommt, vielleicht wird er sich nicht auskennen, aber mit Zeit und Geduld geht alles.

Ich habe meine immer in den Schwarm dazu gesetzt, die haben das schon alleine gemacht. Meistens dauerte es keinen Tag und der Vogel war vollkommen aufgenommen. Selbst ein Hahn der einige Worte sprechen konnte (ich hätte fast einen Herzinfakt bekommen ...) war nach gut 8 Stunden Teil des Schwarms und hat niemals wieder ein Wort gesagt.

Hallo Cess,

letztes Jahr im Mai habe ich auch einen Welli aus (vermutlich) 8 Jahren Einzelhaltung aufgenommen und Sylvester hat nach wie vor eine schwere Fehlprägung auf den Menschen. Damals bei der Zusammenführung ist er vor Schreck erst mal zu mir auf den Kopf geflogen und nach wie vor fliegt er mich gerne an und krabbelt auf mir rum. Sogar wenn Besuch da ist, der ihm völlig fremd ist, fliegt er den Leuten auf den Kopf ... Auch hat er anfangs sehr intensiv alles gesucht, was sich spiegelt, wie die Edelstahlfutternäpfe und die Unterlegscheiben an den Ästen und als die dunkle Jahreszeit anfing, hat er festgestellt, dass man sich ganz toll in den Fensterscheiben spiegeln kann, wenn es draußen dunkel ist ... als ich ihn die ersten paar Tage alleine in Quarantäne hatte, hat er sogar gesprochen.

Die gute Nachricht ist, dass sein gestörtes Verhalten zwar nicht komplett weggegangen ist, aber sich nun nach über einem Jahr doch sehr stark verbessert hat. Sprechen tut er schon seit der Zusammenführung gar nicht mehr, das war sofort vorbei. Und dass er sich so sehr für Spiegelungen interessiert, ist auch viel weniger geworden (hoffentlich bleibt das auch im kommenden Winter so).
Ein wenig eigenbrötlerisch ist er immer noch und wird es vermutlich immer bleiben. Mittlerweile hat er aber schon vor einer ganzen Weile Billie als besten Kumpel auserkoren, mit dem er viel gemeinsam macht und auch mit einigen anderen Wellis versteht er sich ganz gut - allerdings mag er die 1:1- Situation, also am liebsten ist er immer nur mit einem anderen Welli gleichzeitig zusammen, oder maximal auch mal zwei. Wenn alle anderen des Schwarms meinen, sie müssten sich in einer Ecke des Wellizimmers versammeln, dann sitzt er ganz sicher auf der anderen Seite. Elf andere Wellis auf einem Haufen und er mitten drin, das ist ihm definitiv viel zu viel. Und wenn er sich gestresst fühlt und ich befinde mich gerade zufällig in der Nähe, dann fliegt er natürlich nach wie vor wieder auf meinen Kopf.
Aber neulich habe ich mich auch mal gefreut, da saß er in einer Kleingruppe von 5 Wellis (oder so) zusammen und hat sich ganz entspannt geputzt, wie ein ganz normaler Welli. Bei diesem Anblick war ich so glücklich und hätte fast geheult vor Freude. Es gibt inzwischen Momente, wo er sich ganz normal verhält und einfach ein glücklicher Welli sein kann.

Also, ich kann mich den anderen nur anschließen: Lass Deinem Neuzugang ganz viel Zeit. Lass sie am Besten mal zusammen fliegen und dann wirst du ja ihre Reaktion sehen. Falls möglich, lass erst mal beide Käfige stehen und schau, ob der Neue gleich bei den beiden Alten einziehen will und wie sie dann alle miteinander reagieren - falls es gut klappt, umso besser, dann lass sie. Falls nicht, lass den zweiten Käfig halt noch einige Wochen oder Monate als Rückzugsort stehen, wo er seine Ruhe haben kann, so lange es eben nötig ist. Aber zwing Deinen Neuzugang zu nichts, das stresst ihn nur.
Wie alt ist er denn eigentlich? Wenn er noch jünger ist, klappt es vielleicht ein wenig schneller, bis er sich eingewöhnt hat. Ich drücke auf jeden Fall die Daumen.

Liebe Grüße
Annika